30.11 2022

Das Kriegsende 1945 in Mühlhausen

An Stelle einer literarischen Lesung hatte die Bücherei in diesem Herbst zu einem Vortrag mit Sebastian Hainz als Referenten eingeladen: „Die letzten Kriegstage 1945 in Mühlhausen und Umgebung“. Diese Veranstaltung sollte eigentlich schon im April vor zwei Jahren exakt zum 75. Jahrestag des Kriegsendes in Mühlhausen stattfinden, musste damals aber wegen Corona ausfallen.

Marianne Sieber konnte zahlreiche Gäste in der Bücherei begrüßen, die sich – vielleicht auch angesichts des Krieges in der Ukraine – für dieses heimatgeschichtliche Thema einen Abend Zeit nehmen wollten.

Die Ausführungen von Sebastian Hainz setzten mit dem 24. April 1945 ein. An diesem Tag erreichte das unmittelbare Kriegsgeschehen den Raum Neustadt. Amerikanische Einheiten rückten von Neumarkt her an die Donaulinie vor, während SS und Artillerie in Wöhr und im Ulrichspark Stellung bezogen hatten. Herr Hainz schilderte die Vorgänge in den Tagen vom 24. bis 28. April in detailgenauen Einzelheiten und veranschaulichte die Zerstörungen mit Bildern: Viele Wohnhäuser in Neustadt wurden von Bomben getroffen, am 27.4. stand auch die Pfarrkirche in Flammen und stürzte teilweise ein. Die deutschen Einheiten hatten bereits am 24. und 25. April den Rückzug Richtung Pfeffenhausen angetreten.

 

 

Am 27. April wurde bei der Bombardierung Neustadts Mühlhausen ebenfalls getroffen. Das Wohnhaus Dichtl und der Stadel beim Lenker wurden zerstört, viele weitere Gebäude und vor allem Fenster beschädigt. An diesem Tag erhielt auch das Zinnerkreuz einen Treffer. Einen Tag später war den Amerikanern in Eining der Donauübergang gelungen. In Neustadt flüchteten die Einwohner unter dem Eindruck der Gefechte in die umliegenden Dörfer. Am Abend marschierten die Amerikaner von Ulrain her in Mühlhausen ein, wobei es beim Anwesen Kellerer zu einer Schießerei mit Toten auf beiden Seiten kam.

90 amerikanische Soldaten wurden im Schulhaus bis Januar 46 einquartiert. Von der Kommandantur wurden viele Verbote ausgesprochen und Gebote aufgestellt und ein neuer Bürgermeister eingesetzt.

Am Ende des Krieges hatten von den 745 Einwohnern von Mühlhausen und Geibenstetten 73 Menschen ihr Leben verloren.

Im zweiten Teil des Abends las Sebastian Hainz Erinnerungen vor, die Monsignore Dr. Fritz Holzer, Pfarrer in Mühlhausen, Mesner Hillebrand aus Geibenstetten und der Hauptlehrer Rittinger aus Mühlhausen nach jenen furchtbaren Tagen zu Papier gebracht hatten.

Naturgemäß gab es unter den Besuchern nur einzelne, die in der folgenden Aussprache eigene Erlebnisse aus ihrer frühen Kindheit in der Kriegszeit berichten konnten. Aber auch die Berichte jener, die die ersten Nachkriegsjahre mit den unmittelbaren Folgen und die Erzählungen ihrer Elterngeneration miterlebt hatten, trugen dazu bei, dass sich alle wieder bewusst werden konnten, wie dankbar wir für 75 Jahre Frieden sein sollten.

Abschließend bedankte sich Frau Sieber bei Herrn Hainz für seinen eindrucksvollen Vortrag und wies auf den Büchertisch hin, wo viele Bücher über jene unselige Zeit zur Ausleihe bereit liegen. Danach lud das Büchereiteam die Gäste – passend zum Thema – zu einem „armen Buffet“ ein, das in den damaligen Notzeiten aber vielleicht schon als Genuss durchgehen musste.

 

 

 

Text und Bild: Marianne Sieber


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