11.10 2024

Ein Pausenhof für Senioren

Kathi Weber machte aus „ihrer“ Schule eine Tagespflegestätte

Seit mehr als 30 Jahren lebt sie in Mühlhausen. Als „ihre“ Schule in Hagenhill zum Verkauf anstand, erfüllte sie sich zusammen mit ihrem Mann einen Herzenswunsch. Ein ehemaliger Schüler ist heute Tagespflege-Gast in „seiner“ Schule, in der er vor 65 Jahren Lesen und Schreiben gelernt hat.

Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester schlug Kathi Weber zunächst einen ganz anderen beruflichen Weg ein und wurde Fremdsprachenkorrespondentin. Die Aufnahme und Erziehung von drei Pflegekindern führte sie zurück in den sozialen Bereich. Nebenbei bildete sie sich zur Hauswirtschafterin weiter und begann in Teilzeit in der ambulanten Pflege zu arbeiten. Als sie plötzlich im Jahr 2008 von Ihrer Mutter in Hagenhill erfuhr „das Schulhaus wird verkauft“ schauten sie mit ihrem Mann Josef das Gebäude aus dem Jahr 1906 an, denn sie hatten schon immer „eine Leidenschaft gehabt für das alte G´lump“.

Der katastrophale Zustand schreckte sie zunächst ab, aber „nach einem Jahr „überlegen und beraten“ haben wir das marode Schulhaus im Jahr 2009 gekauft.“ Ihr Mann Josef sanierte, unter der Beratung ihres Neffen als Bauingenieur, in den kommenden fünf Jahren das Gebäude grundlegend. Während dessen erwarb Kathi in der Ausbildung zur Gerontofachkraft die Grundlagen über „die optimalen Bedingungen für ein gesundes, zufriedenes Altern“.

Mit diesem Wissen und ihrer Erfahrung über die „biologischen, soziologischen und psychologischen Veränderungen“ beim Altern der Menschen schuf sie mit ihrem Team in dem ehemaligen Schulhaus das Gefühl „wia dahoam“. „Mit einem alten Schrank, alten Bildern und einer alten Uhr wollen wir den alten Leuten die Vertrautheit aus ihrer Zeit bieten“ so Kathi Weber. „Der Original-Kachelofen im Entspannungsraum, die Holztreppe, die Türglocke und Teile des Parketts haben die Bauarbeiten gut überstanden“ freut sich Josef Weber als ausgebildeter Schreiner mit seiner Leidenschaft für Altertümer.

Seit 2015 holen bis zu vier Fahrer mit ihren Pkws morgens zwischen sieben und acht Uhr die Tagespflege-Gäste aus der näheren Umgebung zu Hause ab und bringen sie zum „Pausenhof“. Aufgeteilt in zwei Wohngruppen im Erd- und ersten Obergeschoss frühstücken die Betreuerinnen mit den Gästen in den Wohnküchen.

Während im Küchenbereich Lasagne, Salat und Schokopudding zubereitet wird, unterhalten sich die Senioren beim Bingo-Spielen. „Jeder macht mit, so wie er kann. Es geht einfach darum, dass die Leute ein gutes Gefühl in der Gemeinschaft haben.“

Ottmar Obermeier, ein Witwer aus Ettling kommt gerne an zwei Tagen pro Woche in den Pausenhof, denn „hier gibt es gnua Unterhaltung. Do san lauter guate Leit.“

Beim Spiel „verschenkte Herzen“ im ehemaligen Klassenzimmer kommen Kathi Weber (li, ging 3 Jahre in diese Schule) und Michael Petz (re, ging 8 Jahre in diese Schule) so manche Erinnerung an ihre Schulzeit.

Bereits zum dritten Mal führt der Lebensweg von Michael Petz aus Hagenhill in das ehemalige Schulgebäude. Der 73-Jähirge erzählt, wie er zusammen mit 65 Schülerinnen und Schülern aus Hagenhill und Schwabstetten in einem Klassenzimmer von einem Lehrer unterrichtet wurde. Ab der fünften Klasse gab es dann schon zwei Klassenzimmer für die ersten vier Klassen und nächsten vier Klassen. Die grünen Tafeln in der Wohnküche und dem Entspannungsraum erinnern an die ehemaligen Klassenzimmer. Als Schreinermeister mit eigener Werkstatt wurde Michael Petz vor einigen Jahren von der Kathi Weber beauftragt, in diesem Schulhaus die Fenster zu erneuern. Nach der Übergabe seines Betriebes an den Sohn kommt er jetzt als Rentner gerne am Dienstag und am Donnerstag in „sein Schulhaus“ zur Tagespflege und erzählt Anekdoten vom Hauptlehrer Menzl, Lehrerin Frau Panzer und seinen Mitschüler Kare, Hubert, Gerhard. „Mia g´fallt da am besten die Unterhaltung und Beschäftigung, das Spaziergehen im Garten. Meine Frau wird an den Tagen entlastet.“

Kathi Weber ist auch beim Mittagessen die familiäre Vertrautheit wichtig, deshalb sitzt das Personal mit den Gästen an einem Tisch, „damit sind wir auf einer Ebene.“

Zusammen mit der Gemeinde Altmannstein und den Schülern der Altmannsteiner Ignaz-Günther-Schule (Grund- und Mittelschule) wurde der Garten der Begegnung angelegt. Bei der Einweihung vor zwei Jahren hat in Pfarrer Wolfgang Stowasser als „Ort für die Seele, als Einladung zum Entdecken und Erinnern, als ein Stück Paradies“ bezeichnet.

Die Mittagsruhe verbringen die Senioren auf dem Kanapee in der Wohnküche, auf den  Ruhestühlen im Ruheraum oder bei einem Spaziergang im Garten der Begegnung.

Das Singen mit Martha von Liedern aus ihrem Leben, wie „Capri Fischer“, „Lilli Marleen“ oder „Marmor, Stein und Eisen bricht“ lässt nicht nur bei den Senioren Freude aufkommen.

Denn am Nachmittag werden Gymnastik, Bewegungsspiele und ein Mal pro Woche „Singen mit Martha“ angeboten, dabei gilt: „Jeder hat die freie Wahl, das zu machen, was er will. Jeder macht mit, so wie er kann. Es geht einfach darum, dass die Leute ein gutes Gefühl in der Gemeinschaft haben.“ Nach der Kaffeepause stehen ab 16.00 Uhr die „Pausenhof-Taxis“ bereit zur Heimat.

Für Kathi und Josef ist es jedes Mal ein Freude, wenn sie die zufriedenen alten Menschen verabschieden. Sie sind gerade dabei, die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft ihres Lebenswerkes zu stellen. Kathi hat die Pflegedienstleistung bereits am ersten September an ihre bisherige Vertreterin Claudia Kolbinger übertragen. Ab ersten Januar 2025 wird der Pausenhof in eine gemeinnützige GmbH überführt, mit Josef, Kathi und deren Schwester Hedwig als Gesellschafter. In der Geschäftsführung wird Kathi zusammen mit  ihrer Schwester Hedwig weiterhin „ihrer Schule“ treu bleiben.

Nach dem Aufbau und fast zehn-jährigen Betrieb stellen Kathi Weber (re) und ihre Schwester Hedwig die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der Tagespflegestätte „Pausenhof“.

Beim Tag der offenen Tür am 13. Oktober geben die Webers von 13 – 17 Uhr zusammen mit dem Verein „Würde im Alter e.V.“ einen Einblick in ihr Betreuungsangebot incl. Besichtigung und Beratung.

Text und Fotos: Josef Kastl