Wolfgang Godesar, Leiter des Trachtenvereins und Edi Albrecht, Heimatpfleger sorgen in der Gemeinde Neustadt a.d. Donau dafür, dass das bayerische Brauchtum und die Traditionen wieder gepflegt werden.
Als leidenschaftlicher Musikant hatte der Edi Albrecht vor rund drei Jahren gemeinsam mit den Trachtlern die Idee, das „Singen im Wirtshaus“ wieder neu zu beleben, und damit auch das alte Liedgut nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Nach drei Veranstaltungen im Stadtbereich Neustadt machten sie sich auf die Suche nach den „echten Dorfwirtschaften“ in den Ortsteilen der Gemeinde. Seitdem findet die Veranstaltung zwei Mal pro Jahr, jeweils im Frühjahr und im Herbst, unter anderem in Hienheim, Schwaig, Bad Gögging statt.
„Natürlich ist da ein kleines Risiko dabei. Wir wissen nicht, ob in den Dörfern die Leute im Wirtshaus gerne singen“ sagt Wolfgang Godesar. Dass die Lokale leer sein werden, braucht er aber nicht zu fürchten. Inzwischen hat sich eine regelrechte Fangemeinde gefunden, die jedes Mal dabei sind. Neben einem „Stammtisch“ der Neustädter Trachtler kommen aus der näheren Umgebung wie Abensberg, Saal und Siegenburg sangesfreudige Frauen und Männer.
Beim letzten „offenen und ungezwungene Singen“ im Sportheim in Mühlhausen wurden mit rund 60 Frauen und Männer die Erwartungen von Wolfgang Godesar weit übertroffen. Auf den Tischen lagen die Hefte mit den Liedtexten bereit, die Edi Albrecht aus seinem historischen Lied-Archiv zusammengestellt hatte. Das deutsche Liedgut umfasst neben den bekannten Volksliedern, Heimatliedern auch Stimmungsliedern und Soldatenlieder. Jedes Lied hat seine eigene Geschichte oder handelt von typisch bayerischen Gewohnheiten oder Situationen.
Bei der Begrüßung stellte Edi Albrecht klar, dass früher das Wirtshaussingen nur bei den Männern üblich war, während die Frauen zu Hause blieben nach dem Motto: „Was ist denn los mit meina Oidn, de ligt am Kanappee und regt an Orsch auf d`Höh“.
Er forderte alle auf, mitzumachen, denn „umso meara mitsinga, um so scheener werds“.
Berthold Wecker, seit 01.01.2020 offizieller ehrenamtlicher Kreismusikpfleger im Landkreis Kelheim, eröffnete musikalisch mit seiner „Ziach“ die Veranstaltung und gab offen zu, dass er einen Virus in sich trägt, den er heute ganz bewusst weitergeben möchte, nämlich den „Musikalischen Virus“.
Der Berthold mit der Ziehharmonika und der Edi mit der Gitarre gaben die Melodie vor für „Leit, Leitl müasst´s lustig sei“ und dem Lied vom Fridolin, der im Wirtshaus „alles versoffen hat“. Mit jedem Lied wurden die Gesangsstimmen kräftiger und bei „Dampfnudl ham ma gestern ghabt“, kamen die Erinnerungen der älteren Sängerinnen und Sänger aus ihrer Schulzeit wieder in das Gedächtnis. Beim Tausch der Gesangsrollen von Männer und Frauen und dem „Nache-Nudln“ waren dann alle voll mit dabei.
Der Virus ist von den beiden Musikanten auf die ganze Wirtsstube übergesprungen, sogar auf die Stammtischgäste.
Berthold Wecker wechselte immer wieder seine zwei Ziehharmonikas und verbreitete mit schwungvollem Spielen zwischen den Sitzreihen eine Stimmung, die noch mehr zum Mitsingen anregte.
Es macht sich eine „g´miatliche Stimmung“ breit, die einige Männer anregt, auch einen unterhaltsamen Beitrag zu leisten. Plötzlich steht einer auf und erzählt einen Witz, passend zum gerade gesungenen Lied. Ein anderer lässt seiner Freude durch einen Jodler und einen Juchzerer freien Lauf.
Auch wenn die Lieder ganz unbekannt sind, mit den Hinweisen von Berthold Wecker erlernen die Sängerinnen und Sänger die richtige Betonung, den Rhythmus im Handumdrehen. „Es geht auch ohne Textblatt. Ihr müsst nur auf euer Herz blicken, dann könnt ihr die Stimme halten“ ermunterte der Kreismusikpfleger.
Die Musiker verlangten keinen Eintritt. Aber damit „sie auf ihre Kosten kommen“ ließ Wolfgang Godesar, genauso wie früher ein kleines Körbchen durch die Reihen gehen. Jeder legte so viel Geld rein wie er wollte.
Nach rund 2 ½ Stunden endete der kurzweilige Abend in der Dorfwirtschaft Mühlhausen und die beiden Wirtshausmusiker haben weitere sangesfreudige Anhänger dazugewonnen. Die können gerne beim nächsten Singen im Herbst beim Pöppel-Wirt in Irnsing dabei sein.
Text und Fotos: Josef Kastl