Nach fünf Jahren fand in Mühlhausen endlich wieder ein Maibaum-Aufstellen mit einem kleinen Fest statt. Dass diesmal ein „grüner“ statt ein weiß-blauer Baum aufgestellt wurde, trübte die Feierlaune in keinster Weise.
Es hatte sich herumgesprochen und in der Mittelbayerische Zeitung war es auch zu lesen. Der Baumstamm, der zum Maibaum werden sollte, wurde von dreisten Dieben bereits vor vier Wochen geklaut. Nach erfolglosen Gesprächen und Diskussionen „schlugen“ die Feuerwehrkameraden am Freitag, 29. April nachmittags eine etwa gleich große Fichte im benachbarten Forst. Kaum lag der Baum auf dem Vorplatz des Feuerwehrhauses, meldeten sich die Diebe nochmal und wollten eine Rückgabe vereinbaren. „Jetzt ist es zu spät. Wir haben bereits einen Ersatzbaum vor uns liegen“ war die Antwort von Feuerwehr-Vorstand Bernhard Karl. Die Maibaum-Diebe wollten es nicht glauben und waren entsprechend „grantig“.
Vom späten Nachmittag bis in den frühen Abend wurde der „neue“ Baum auf eine Länge von 22 Meter zugschnitten, bekam eine weißblaue Windfahne als Spitze aufgesetzt und der „Fuß“ wurde an die Haltevorrichtung angepasst. Neben drei unterschiedlich großen grünen Kränzen im oberen Bereich wurden 28 Zunftzeichen, die auf die Vereine, Handwerksbetriebe und sonstige Einrichtungen in Mühlhausen hinweisen, an dem naturbelassenen Maibaum montiert.
„Er schaut scho etwas ungewohnt aus…“ waren die ersten Kommentare der Feuerwehrler. „Und harzen duad a ganz schee“ bemerkte Thomas Kastl mit Blick auf seine klebrigen Hände.
Jetzt galt es, den Maibaum so zu sichern und zu bewachen, dass er nicht noch einmal gestohlen wird. Gemeinsam harrten die eifrigen Helfer im Feuerwehrhaus bis in die Nacht hinein aus, einige ließen ihr Prachtstück bis zum Morgen nicht aus den Augen. Am Samstagvormittag wurden die Zunftzeichen wieder abmontiert und die Stangenpaare für das Aufstellen hergerichtet.
Bevor der Stamm zum Aufstellort rangiert wurde, durften Kinder bunte Bänder an die drei Kränze binden. Um 14.00 Uhr begrüßte Bernhard Karl die zahlreichen hilfsbereiten Männer aus Mühlhausen und übergab das Kommando an Arno Schmidt. Als Maurermeister mit jahrelanger Erfahrung beim Maibaumaufstellen gab er die Anweisungen, welche Stangenpaare wo an dem Maibaum anzusetzen waren, um die den Baum sicher in die Höhe zu stemmen.
Dass ein „grüner“ Baumstamm doch viel schwerer ist als ein „getrockneter“ war schon eine Herausforderung, die so manchen Helfer überrascht hat.
Aber Arno Schmidt wusste genau, an welcher Stelle und wie die Muskelkraft der rund 50 Mühlhausener anzusetzen war, um den Baum in die Senkrechte zu bekommen.
Unter dem begeisterndem Applaus der mehr als 150 Zuschauer stand der Maibaum nach einer guten Stunde senkrecht.
Die Böllerschützen des Schützenvereins brachten ihre Freude und Begeisterung mit mehreren Salutschüssen zu Ausdruck.
Mit der Drehleiter der Freiwilligen Feuerwehr Neustadt konnten die Zunftzeichen wieder an die markierten Stellen angeschraubt werden.
Bei Blasmusik, Freibier und Bratwürstl feierten die Mühlhausener seit rund 2 ½ Jahren wieder ganz ungezwungen das erste Fest im Dorf nach der Corona-Pandemie. Alle Mühlhausener stehen hinter der Entscheidung für einen „grünen“ Maibaum. Für Manfred Gammel, langjährigen Kommandanten ist es nichts ungewöhnliches, denn „früher, als die Dorfgemeinschaft noch den Maibaum organisiert hatte, gab es nur Natur-Maibäume“. Anna Neitzert ist der Meinung „schee is a scho, aber der weißblaue is noch sheener“.
Bernhard Karl ist auch sehr zufrieden, denn vom „Schlagen des Baumes bis zum Aufstellen hat es nur rund 24 Stunden gedauert“. Allerdings muss der Naturbaum nach einem Jahr wieder umgelegt werden und ein weiß-blauer Baum ist doch Tradition in Mühlhausen. Deshalb wäre es für ihn schon wichtig, die Bedingungen für das „Maibaumstehlen“ in gewisser Weise festzuschreiben, damit „die dreisten Fälle“ eingeschränkt werden. Mit Spannung warten jetzt die Mühlhausener auf die Rückgabe des gestohlenen Baumstammes.
Fotos und Text: Josef Kastl