Seit Anfang September 2020 erfreuen sich die Marienkäfer-Kinder im Kindergarten St. Franziskus in Mühlhausen an ihrem erweiterten Gruppenraum. Anfang diesen Jahres lag die Fläche vor dem Anbau immer noch brach und bot mit einem Erdhügel keinen schönen Anblick.
Kindergartenleiterin Viktoria Wolter und ihre Kolleginnen kamen auf die Idee, die Gestaltung doch selbst in die Hand zu nehmen. „Wir könnten mit den Kindern ein Naturkunde-Projekt ´Blumenwiese` machen“ waren sie sich schnell einig. Im Januar schrieben sie an Bürgermeister Thomas Memmel einen Brief, in dem sie ganz konkret das „Anlegen einer Blumenwiese mit einheimischen Wildblumen und Gräsern“ beschrieben. Ihr Hauptargument war: „Das ist ein Projekt, bei dem die Kinder aktiv mitarbeiten können und nachhaltig viel über Flora und Fauna einer Wiese lernen würden und das direkt vor den Fenstern des Kindergartens“.
Erzieherin Martha Kastl hatte bei der Anlage einer Wildblumenwiese nach der Methode von Landschafts- und Naturgartenplaner Dr. Reinhard Witt in ihrem Garten bereits viel Erfahrung gesammelt.
Da die heimischen Wildblumen einen geringen Nährstoffbedarf haben, muss der Boden „abgemagert“, d.h. die Humusschicht muss rund 10 cm tief abgetragen und durch Sand ersetzt werden. Würde dies Stadtgärtner Ingo Hentschel auch befürworten? Ja, er wollte sich „auf das Experiment“ einlassen. Denn in den kommunalen Bereichen sollen die Grünflächen zukünftig immer mehr naturnah gestaltet werden.
Innerhalb zwei Wochen hatten die Bauhof-Mitarbeiter einige Fuhren Erdreich weggefahren und die rund 270 m² und mit Sand wieder aufgefüllt. Auf Anweisung von Martha Kastl ließ Ingo Hentschel auch eine Lkw-Ladung gedämpften Kompost anliefern, den die Wildblumen als kleine Nährstoffgabe brauchen.
Mitte April starteten vier Kinder, es war „Corona-Notbetrieb“, mit Schaufel und Schubkarren zur Verteilung des Komposts. Kräftig unterstützt wurden sie dabei auch von Frau Sabine Zott, der ersten Vorsitzenden des OGV Mühlhausen-Geibenstetten. Sie ist hellauf begeistert von dem Projekt, denn im Rahmen einer Patenschaft pflegt der OGV seit 1991 die Außenanlagen des Kindergartens und freut sich über jede naturnahe Aktion.
Bereits eine Woche später stand der nächste Arbeitseinsatz, nämlich die Aussaat an.
Bei strahlendem Sonnenschein erläuterte Martha Kastl den Kindern, welche Blumen und Kräuter auf einer Wildblumenwiese wachsen und zeigte ihnen die teilweise winzigen Samenkörner.
Nun kam der spannende Moment für die Kinder. Jedes Kind bekam eine kleine Schale mit Samen, den sie auf dem weichen Erdboden streuen durften.
Unterstützt wurden sie von Martha Kastl und Sabine Zott.
Damit die Körner auch gut anwachsen wurde mit einer schweren Walze der Boden glatt gewalzt. „Das habe ich bei meinem Onkel Georg auch schon gemacht“ erzählte der kleine Noah freudestrahlend während er angestrengt mit dem Ludwig die kleine Walze zieht.
Am Rand der Blumenwiese setzten die Kinder behutsam Sonnenblumensamen in kleine Erdlöcher.
Ganz gespannt werden die Kinder in den nächsten Tagen aus dem Fenster auf „ihre“ Blumenwiese schauen und das Wachsen von Kornblume, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Kümmel, Wiesen-Margerite, Kleinem Wiesenknopf, Horstschwingel, Gewöhnliches Ruchgras, Weide-Kämmgras und weiteren rund 45 Blumen und Gräsern beobachten.
Martha Kastl ist bereits eifrig dabei, Material für zwei größere Insektenhotels zu sammeln, die demnächst mit den Kindern aufgebaut werden.
Mit Waldameisen, die gerade entlang der Gebäudemauer unterwegs sind, kündigen sich schon die ersten Bewohner an.
Im Laufe des restlichen Kindergartenjahres und in den nächsten Jahren bietet sich die Wildblumenwiese für verschiedene Naturkunde-Projekte mit den Kindern an.
Text und Fotos: Josef Kastl