Das Büchereiteam der Gemeindebücherei Mühlhausen lädt regelmäßig zu Dichterlesungen ein. Als die Leiterin der Bücherei Marianne Sieber erfuhr, dass der ehemalige Geschichtslehrer vom Gymnasium Rohr, Dieter Schwaiger die Geschichte der Ortsteiles Karpfenstein erforschte und auch ein Buch darüber plante, lud sie ihn ein, doch eine Lesung abzuhalten.
Als ehemaliger Mühlhausener Bürger kennt Dieter Schwaiger die Bücherei sehr gut und freute sich, dass er sein heimatgeschichtliches Wissen vor „einheimischem“ Publikum vortragen darf.
Im Rahmen seiner Leidenschaft als Geschichtsforscher ist er vor einigen Jahren auf das ehemalige Wasserschloss des Regensburger Domherrn Christoph von Stingelheim und fünf große Karpfenteiche gestoßen. In verschiedenen staatlichen Archiven machte er sich auf Spurensuche und als er einen Kupferstich von dem Schloss mit einem See davor fand, packte in die Forscherleidenschaft noch mehr.
Auch die Mühlhausener Bürgerinnen und Bürger hat die Einladung zur Lesung mit dem Titel „Karpfenstein – Menschen, Schicksale, Kultur“ sehr angesprochen. In der Bücherei mussten alle Bücherregale in die Ecke geschoben werden und Stühle vom Pfarrheim geholt werden, damit die mehr als 70 Interessenten Platz fanden.
Marianne Sieber begrüßte neben den Besuchern und den Referenten auch den Heimatpfleger der Stadt Neustadt a.d. Donau, Edi Albrecht und Stadtarchivar Anton Metzger, die Herrn Schwaiger tatkräftig mit Informationen aus dem Stadtarchiv unterstützten.
Dieter Schwaiger freute sich sichtlich auf sein „Heimspiel“ ihn Mühlhausen und begann nach kurzer Einführung mit der ersten Geschichte mit dem Titel „Die Kanonenkugel von Karpfenstein“. Im Jahr 1809 kämpften in der Nähe von Abensberg die Franzosen unter der Führung von Napoleon gegen die Österreicher. Unter anderem kam es auch in Mühlhausen zu einem Artillerieduell, der sog. „Kanonade bei Mühlhausen“, wobei das Wasserschloss zerstört wurde. Beim Wiederaufbau wurde, wie es üblich war, auch Kanonenkugeln als Steinersatz eingemauert. Dieter Schwaiger fand in den Archiven ein Bild von einer Kanonenkugel mit der Inschrift „Tafel 1809“. Allerdings ergab die intensive Suche in den Gebäuden der jetzigen Bewohner keinen Anhaltspunkt mehr über die Kanonenkugel.
Beim Titel der nächsten Geschichte „Wellness in der Villa Karpfenstein“ begannen die Zuhörer zu lächeln und waren gespannt, was sich dahinter verbirgt. Tatsächlich hatte der Jesuitenorden aus dem nahen Ingolstadt im Jahr 1702 das idyllische Wasserschloss gekauft, damit sie sich mit reichlich Fisch versorgen konnten. Aufgrund der ruhigen Lage an einer der damals wichtigsten Handelsstraßen von Ingolstadt nach Landshut, wurden die Studenten und Professoren aus der theologischen Jesuiten-Hochschule Ingolstadt an den „Wohlfühlort Karpfenstein“ zur Erholung geschickt.
Mit der dritten Geschichte aus der Zeit vom 30-jährigen Krieg von 1618 – 1648 führte Dieter Schwaiger den gespannten Zuhörern vor Augen, dass auch ihr Wohnort während dieses weltbekannten Ereignisses arg gebeutelt wurde. Im sog. „Schwedenkrieg“ hat Mühlhausen in den Jahren 1633 – 1634 die schlimmsten Jahre durchgemacht, ca. 50 % der Bevölkerung wurden von Hunger, Pest und Krieg getötet. Von 244 Haushalten gab es am Ende des Krieges nur noch 61. Besonders drastisch schilderte Dieter Schwaiger die Geschehnisse aus der Sicht eines Jungen, der damals gelebt hat.
Mit seiner letzten humorvollen Geschichte, vielmehr einer Sage von der „geizigen Müllerin von Karpfenstein“ führte der Referent weg von der düsteren Vergangenheit in die sagenumwobene mystische Geschichte. Er versuchte, den Inhalt der Sage historisch zu belegen, indem er aufzeigte, dass aufgrund eines Kaufvertrages aus dem Jahre 1804 eine Mühle den Besitzer gewechselt hat, d.h. es hat eine Mühle in Karpfenstein existiert, auch wenn heute keine Spur mehr davon zu finden ist.
Nach ca. 2 Stunden beendete Dieter Schwaiger seine Reise in die Geschichte des Weilers Karpfenstein. Die heutigen Bewohner aus Karpfenstein waren genauso von der geschichtsträchtigen Vergangenheit ihrer Anwesen überrascht wie die Mühlhausener und auswärtigen Gäste.
Sie alle können die komplette geschichtliche Vergangenheit nachlesen in dem Buch „Karpfenstein – Ein ehemaliges Wasserschloss bei Mühlhausen“, das Dieter Schwaiger in den letzten 3 Jahren geschrieben hat. Im Rahmen der Dorferneuerung ist dies eines der Projekte, das im Leitbild definiert wurde und entsprechend auch von der Stadt Neustadt a.d. Donau gefördert wurde.
Das Buch wird am 13. November 2018 um 19.00 Uhr im Pfarrheim Mühlhausen vom Autor selber vorgestellt. Dabei werden viele Fragen zur Historie des Wasserschlosses beantwortet. Heimatpfleger Edi Albrecht und Michael Zirngibl, der Leiter der Blaskapelle Mühlhausen werden die Veranstaltung musikalisch umrahmen.
Die Teilnehmergemeinschaft der Dorferneuerung lädt alle Einwohner aus Mühlhausen, Geibenstetten, der Gemeinde Neustadt a.d. Donau und der Umgebung herzlich ein.
Fotos und Text: Josef Kastl